Zwischenbericht des Praktikums und Interview mit Jonatas Costa
- Lukas Rupp
- 19. Nov.
- 10 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Nov.

Der zweite Blogbeitrag meines dreimonatigen Praktikums enthält einen kurzen Zwischenbericht über meine bisherigen Tätigkeiten und mein Arbeitsumfeld. Zudem präsentiere ich ein Interview mit Jonatas Costa, einem Betreuer der ABAI, der das Projekt bereits als Kind besucht hat und heute sein umfangreiches Wissen über Agrarökologie und Capoeira weitergibt.
Interview mit Jonatas (übersetzt aus dem Portugiesischen)

Mich würde interessieren, warum du hier arbeitest und was dir an der ABAI gefällt?
Ich glaube, für Menschen aus meiner sozialen Schicht, für Menschen, die so eine Kindheit und Jugend hatten wie ich. Wenn wir anfangen zu arbeiten, dann arbeiten wir zuerst einmal, weil wir es müssen. Das ist das Wichtigste für uns: Ich arbeite, weil ich es brauche. Aber die ABAI bringt eine Arbeit mit Sinn. Ich habe an vielen verschiedenen Orten gearbeitet und schöne Dinge gemacht. Aber nichts davon hat mir eine innere Zufriedenheit gegeben.
Als ich bei der ABAI anfing, war ich sehr jung. Ich war 16, als ich hier zu arbeiten begann. Ich habe das Projekt mit 15 kennengelernt, im Jugendprogramm. Nach einem Jahr musste ich abends zur Schule gehen, und um hierherzukommen war es nur morgens möglich. Anders wäre es nicht möglich gewesen. Also arbeitete ich freiwillig, ohne Geld zu verdienen. Ich war einfach hier, weil es mir gefiel. Nachmittags auch. Doch mit dem Erwachsenwerden kommen Verantwortung und andere Verpflichtungen hinzu. Und dann hat mich die ABAI aufgenommen. Sie hat mir beigebracht zu arbeiten. Ich begann zu arbeiten – aber ich hatte die Illusion, dass ich mehr Geld verdienen müsste, dass ich andere Orte und andere Dinge kennenlernen müsste. Also arbeitete ich in Restaurants, in konventioneller Landwirtschaft, mit Giftstoffen und so weiter. Aber das tat mir innerlich weh, denn ich wusste es besser. Ich fragte mich: Warum mache ich das? Ich brauche das Geld. Ich dachte, das würde mich zufriedenstellen – aber ich war immer traurig.
2023 hat mich die ABAI eingeladen, wieder hier zu arbeiten. Sie sagten, ich sei willkommen, ich könne zurückkommen, sie bräuchten mich. Und ich kam mit dem Bewusstsein, dass man hier nicht nur fürs Geld arbeitet, sondern dass es ein Ideal gibt, eine Mission hinter der Arbeit.
Ich weiss, dass mein Lohn am Monatsende kommt und ich nichts zusätzlich machen muss. Aber ich kann etwas im Leben anderer Menschen bewirken. Viele Kinder, welche hier hin kommen, haben ein sehr schwieriges Leben. Sie haben Situationen zu Hause, die sie leicht auf schlechte Wege führen könnten. So wie ABAI mich gerettet hat, denke ich, kann ich jetzt helfen, andere Kinder zu retten.
Als ich hier ins Projekt kam, war ich gerade aus Curitiba zurückgekehrt. Ich hatte fast ein Jahr in Piraquara gelebt. Die ABAI hat mich damals aufgenommen. Mein Vater war alkoholkrank – heute ist er bei Gott – aber früher war er sehr gewalttätig. Zu Hause passierten viele Dinge, die mich traurig machten. Das brachte mich dazu, woanders Ruhe zu suchen, einen Zufluchtsort aus dieser Traurigkeit. Und ich glaube, das lässt mich heute die Kinder besser verstehen – was sie zu Hause erleben. Was die ABAI besonders macht, ist die Natur. Die Natur bringt Leichtigkeit in die Arbeit. Die Kinder müssen sich hier nicht fürchten. Die Natur bringt Ruhe. Zu Hause ist vielleicht Chaos: Streit, der Vater ist betrunken, schlägt die Mutter, Gewalt, Drogen etc. Und hier kommen sie an – und es ist ruhig. Der Wind, der Garten, die Pflanzen, die Erde, die kleinen Tiere… das beruhigt sie. Und mit dieser Ruhe können wir ihnen Dinge beibringen: was gut ist, was nicht gut ist, was wir brauchen, wohin wir wollen.
Und letztlich die Agrarökologie. Für mich ist die Agrarökologie eines der kostbarsten Dinge, welche die ABAI hat. Es zeigt uns die Kraft der Natur. Ich muss nicht viel kaufen – die Natur gibt uns alles umsonst. Sie verlangt kein Geld, nur Hingabe, Arbeit, Liebe und Präsenz.
Ich habe vor kurzem angefangen, zu Hause anzupflanzen. Seitdem habe ich keinen Salat mehr im Supermarkt gekauft. Der Salat aus meinem Garten hat keine Gifte und ich habe eine emotionale Verbindung dazu: Ich habe es gepflanzt, gepflegt. Ich brauche niemand anderen, ich kann es selbst tun.
Wie hängt für dich die Agrarökologie mit Capoeira zusammen?
Capoeira und Agrarökologie gehören für mich zusammen. Agrarökologie ist viel mehr als nur pflanzen und ernten. Es ist eine soziale Bewegung und auch eine ökonomische Bewegung. Capoeira ist ein Werkzeug im Kampf um Freiheit. Sie wurde von versklavten Menschen erfunden, um sich von den weissen Aufsehern, den Europäern zu befreien. Capoeira ist Widerstand im Kampf für Unabhängigkeit. Und Agroökologie arbeitet mit dem gleichen Prinzip. Wenn du zum Beispiel Mais-Saatgut kaufst, hat es einen Code – PCX 10, 20, irgendetwas. Das ist ein Dokument, das sagt: Diese Sorte gehört einem Unternehmen. Du kaufst die Saat, du erntest den Mais – aber du darfst den Samen nicht wieder pflanzen. Erstens: Die Samen sind oft steril. Zweitens: Wenn sie doch wachsen, musst du im nächsten Jahr wieder zahlen. Aber warum sollte man für etwas zahlen, das die Natur dir schenkt? Niemand besitzt das Leben. Es gibt Fälle hier, in denen ein Landwirt seine traditionelle Saat gepflanzt hat, aber Pollen von einem anderen genveränderten Maisfeld haben die DNA seines Maises verändert – und plötzlich muss er zahlen, obwohl er nie den genveränderten Mais gepflanzt hat.
Da setzt der Kampf der Agrökologie ein für Freiheit und Unabhängigkeit. Wenn ich heute Mais pflanze und Samen aufhebe, brauche ich nächstes Jahr nichts zu kaufen. Und ich verstehe dabei auch: Die Saat gehört nicht mir. Sie ist ein Geschenk der Natur. Marianne (Gründerin der ABAI) ist ein tolles Beispiel: Sie nimmt die Samen und verteilt sie an Menschen, an ganze Gemeinschaften. Denn sie versteht: Die Saat gehört den Völkern – allen, nicht einzelnen Personen oder Firmen. Und auch Capoeira trägt diesen Freiheitsgedanken. Genau wie die Agrarökologie.

Ich erinnere mich an den Workshop, als wir von Gilberto gefragt wurden, was ein Kind benötigt und was ein Setzling benötigt. Am Ende fielen die Antworten sehr ähnlich aus.
Die Aktivität begann ja so: Woran erkennst du, dass eine Pflanze gut geht? Du musst hinschauen. Und beim Kind genauso. Unsere Kultur sieht Kinder oft als kleine Erwachsene. Aber sie sind keine kleinen Erwachsenen. Sie müssen lernen, sie benötigen eine Orientierung und Begleitung.
In der Zusammenarbeit mit Kindern bin ich immer wieder fasziniert, wie viel ich von ihnen lernen kann, geht dir das auch so?
Ja, auf jeden Fall. Kinder stehen der Natur sehr nahe, dem „natürlichen Sein“. Wir hingegen sind oftmals sehr verloren im System: arbeiten, studieren, schreiben, beweisen… Kinder sind nicht in diesem System. Sie haben eine Verbindung zur Natur, und wir können von ihnen lernen, wie man sich wieder verbindet.
Ich finde es auch wunderschön, dass die Kinder hier als "Samenhüter" bezeichnet werden.
Geau, ein Samenhüter ist nicht jemand, der die Samen einfach aufbewahrt. Wenn du sie nur behältst, aber nicht weitergibst oder nicht pflanzt – dann bist du kein Hüter. Ein Samenhüter pflanzt, bewahrt, pflegt und teilt. Vier Beine genau wie bei einem Stuhl. Nur zwei davon reichen nicht. Agrarökologie will nicht, dass nur ein einzelner Mensch gesunde Lebensmittel hat – sondern alle. Aber heute ist es schwer: Unsere Gesellschaft basiert auf Geld. Wenn du kein Geld hast, wie bekommst du Land? Warum haben manche 50 Häuser und andere keines? Auch darüber spricht Agrarökologie. Wir müssen dringend solche Dinge reflektieren.
Wie siehst du Brasilien in zehn Jahren?
Ich sehe zwei Wege. Ich sehe eine starke Bewegung der sozialen Bewegungen, der Indigenen, der Quilombolas – die sagen: Wir leben noch. Wir sind hier. Aber ich sehe auch die Bewegung der Reichen, der Gierigen. Das ist ein Kampf. Ich glaube, in zehn Jahren werden wir mitten in diesem Kampf sein – nicht zwingend mit Waffen, sondern ein Kampf der Ideen. Die letzten Jahre waren sehr polarisiert: rechts gegen links ohne Mitte. Und es wurde gewalttätig, obwohl Politik eigentlich Dialog sein sollte. Wenn wir jetzt – wir alle – es schaffen, gute Gedanken, Agroökologie, soziale Projekte, soziale Bewegungen zu verbreiten, und wenn die Menschen verstehen, dass es nicht um Lula gegen Bolsonaro geht, sondern um uns alle, dann können wir in zehn Jahren auf einem guten Weg sein: zu Nachhaltigkeit, gesunder Ernährung, Unabhängigkeit.
Hier im Bundesstaat Paraná gibt es sogar ein Gesetz: Bis 2030 soll das Schulessen vollständig biologisch und möglichst agroökologisch sein. Gemeinschaftliche, biologische Betriebe haben Vorrang beim Verkauf. Das ist ein positives Beispiel. Wenn wir diesen Weg weitergehen, haben wir eine Chance. Aber die Gegenseite bewegt sich auch. Gier, Ambition und Geld sind starke Kräfte. Es ist schwer zu sagen, wie es sein wird. Ich glaube, es wird ein grosser Kampf bleiben – wie jetzt. Ein ideologischer Kampf.
Wir leben in einem moralistischen System:„Wer nicht arbeitet, soll nicht essen.“ Aber Essen ist ein Menschenrecht. Ein Vogel arbeitet auch nicht. Leider leben viele veraltete Denkweisen weiter, wie zum Beispiel die Meritokratie. Oder wie Marx es beschreibt: Der Chef verdient viel, arbeitet aber kaum. Heute musst du im System sein, sonst wirst du ausgeschlossen. Wenn du keinen festen Arbeitsplatz hast nennen sie dich vagabundo. Auch das kommt aus der Capoeira-Geschichte. Nach der Abschaffung der Sklaverei durften Schwarze nicht in der Öffentlichkeit sitzen – das galt als „Nicht-Arbeiten“ und war ein Verbrechen: Vadiagem. Wenn ein Schwarzer einen Auftrag bekam, trug er ein Halsband als Zeichen, dass er „im Dienst“ war. Deshalb tragen viele Brasilianische Künstler wie Rapper heute Goldketten. Es ist ein Symbol:„Ich darf jetzt frei sein. Ich habe Status. Ich bin nicht mehr ein Sklave.“ Viele wissen das gar nicht, aber das Symbol bleibt.

Zwischenstand IZA-Praktikum
Mit dem Anbruch des zweiten Monats in der ABAI fühle ich mich mittlerweile sehr wohl als Teil der Organisation. Ich merke, wie sich mein Portugiesisch von Tag zu Tag verbessert und mir die Menschen hier immer vertrauter werden. Auch in meiner Arbeit hat sich inzwischen vieles eingependelt: Ich erledige vieles selbstständig und kann jederzeit mit Ideen oder Fragen auf die Betreuer zugehen. So organisiere ich mittlerweile eigene Workshops, pflege das Milpa Feld (siehe letzte Blogeintrag) und helfe mit im Saatguthaus. Da gab es kürzlich sehr viel zu tun: Eine Bestellung von 2000 Samenpackungen galt es auszuliefern. Dies beinhaltete das genaue Abfüllen und Abpacken der Samen. Mich faszinierte die Vorstellung dabei sehr, wie viel frisches Gemüse eines Tages daraus entstehen wird. Dadurch empfand ich die zwar etwas mechanistische Arbeit als Ehre, am Anfang einer ökologischen Nahrungsmittelkette mitwirken zu können. Wie wichtig solche nachhaltigen und resilienten Lebensmittelsysteme für die Zukunft sind, lässt sich unter anderem an den immer häufiger auftretenden Extremwetterereignissen erkennen, die auch in Brasilien ein grosses Thema sind. So wurde vor ungefähr zwei Wochen nur 400 Kilometer von der ABAI entfernt eine ganze Kleinstadt von einem Tornado zerstört – mit insgesamt sechs Toten und hunderten Verletzten. Der Leiter des Saatguthauses beschloss daraufhin, krioles Saatgut in die betroffene Region zu schicken.
Aktuelles zu Brasilien
Die Zeit rund um die Arbeit, nutze ich, um über Brasilien zu lesen und zu recherchieren. Mich interessiert dabei die Geschichte des Landes, sowie die aktuelle politische Lage. Besonders spannend ist es gerade, mitzuverfolgen was rund um den COP30 in Belém geschieht. Mit dem sogenannten Investmentfonds "Tropical Forest Forever Facility" (TFFF) möchte Präsident Lula den Regenwald retten, von dem bereits insgesamt 20% abgeholzt wurden (bei 25% Prozent Abholzung erwarten Klimaforscher die Überschreitung eines Kippunktes). Was nun aber zu Diskussionen führt, ist, dass Lula gleichzeitig Ölbohrungen in der Amazonasmündung zulassen möchte. Aus diesem Grund gab es enormen Widerstand der indigenen Bevölkerung Südamerikas. Diese erhielten erneut nur eine Statist:innenrolle am COP, obwohl sie eigentlich direkt an die Verhandlungstische gehören. Aus diesem Grund stürmte ein Mob von Indigenen vor einer Woche die Klimakonferenz.
Man kann sich wohl nicht allzu viel von den Gesprächen der COP30 erhoffen. Seit der ersten Weltklimakonferenz in Berlin im Jahr 1995 wurden unzählige Versprechen gemacht und vielleicht ebenso viele gebrochen. Die Ölindustrie ist Jahr für Jahr mächtiger geworden, und die 1,5-Grad-Grenze des Pariser Abkommens ist faktisch bereits überschritten. Weder mein Umweltingenieurstudium noch der Blick auf die aktuelle Weltpolitik stimmen mich optimistisch. Und dennoch treibt mich eine Art Trotz an, mich weiterhin zu engagieren. Gleichzeitig bin ich überzeugt, dass ein ökologischeres System nicht nur unsere Lebensqualität massiv steigert, sondern auch ein Schritt hin zu einer kollektiven Befreiung der Völker darstellt.
Projektablauf
Meine verschiedenen Projekte bei der ABAI verlaufen insgesamt sehr reibungslos. Bei meinem Hauptprojekt – dem Pflanzen von indigenem Mais (Avaxi-Ete’i) mit einer Schulklasse – sind seit ein paar Wochen Bohnen, Mais und die ersten Kürbisse in der Milpa-Mischkultur gekeimt. Zu Beginn musste ich jedoch feststellen, dass in einigen Reihen überhaupt nichts aufgelaufen war. Wie mir später erklärt wurde, gibt es zwei Vogelarten – Saracura und Jacu –, die das frisch ausgesäte Saatgut herauspicken. Wo das der Fall war, musste nachgesät werden. Zudem streute ich einige Maiskörner oberflächlich auf das Feld, damit die Vögel sich zuerst daran bedienen und nicht an den Samen im Boden gehen.

Gemeinsam mit Jonatas befreie ich das Feld regelmässig von Unkraut. Als nächsten Schritt möchten wir eine Mulchschicht ausbringen, um die Feuchtigkeit im Boden besser zu halten, da bald trockenere Sommerwochen bevorstehen. Ein grosser Gewinn für mich war ausserdem die Ankunft einer Bodenspezialistin aus der Schweiz, die hier für mehrere Wochen Bodenproben an verschiedenen Standorten nimmt und sie unter dem Mikroskop untersucht. Ihr Fokus liegt dabei auf Protozoen – einzelligen Organismen, die Bodenmikroben regulieren, Pflanzen direkt verfügbaren Stickstoff über ihre Ausscheidungen bereitstellen und die Bodenstruktur massgeblich verbessern. Mein Plan ist es, die Proben auszuwerten, einige mikroskopische Aufnahmen für meinen Bericht zu machen und mit der begleiteten Klasse an einem Morgen tiefer in das Thema Bodenleben einzutauchen.

Die Kinder der Gruppe „Camomila“ zeigen sich im Allgemeinen sehr begeistert, wenn es um Themen rund um Landwirtschaft und Natur geht. Vor zwei Wochen habe ich einen Workshop zur Milpa durchgeführt, um Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Mein Ziel war es, den neun- bis zehnjährigen Kindern möglichst einfach zu erklären, was dieses traditionelle Landwirtschaftssystem ausmacht und warum es sinnvoll ist, Mais, Bohnen und Kürbisse zu kombinieren. Die Thematik lässt sich jedoch nicht nur über Ernährung und Landwirtschaft erschliessen, sondern ist eng verbunden mit Fragen des kulturellen Erbes indigener Völker. Da dies ein zentraler Schwerpunkt der ABAI ist, war es mir wichtig, diesen Aspekt ebenfalls in den Workshop einfliessen zu lassen. Die Milpa ist rund 3.500 bis 4.000 Jahre alt und ermöglicht Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bis heute, auf eine resiliente Weise gesunde Lebensmittel zu produzieren.

Im verbleibenden Monat bei der ABAI steht eine Tomatenpflanzung im Gewächshaus an. Das bedeutet, dass ich zusätzlich zum Maisfeld auch die Pflege und Bewässerung der Tomaten übernehmen werde. Ich bin gespannt, wie die Tomatenkultivierung hier funktionieren wird, da ich in meinem eigenen Gewächshaus zu Hause immer wieder mit Pilzkrankheiten zu kämpfen hatte. Ausserdem möchte ich weitere Workshops mit den Kindern durchführen. In dieser Woche organisiere ich einen Collagen-Workshop, bei dem die Kinder mit dieser Kunstform vertraut gemacht werden sollen. Dabei habe ich mir einen theoretischen Zusammenhang zum Thema Papier überlegt: Die ABAI ist eine ökologische Insel mitten in Pinien- und Eukalyptus-Monokulturen – und gerade Eukalyptus wird hier mehrheitlich für die Papierproduktion angebaut. Papier zu recyceln und in künstlerischer Form weiterzuverwenden erscheint daher als eine sinnvolle und spielerische Herangehensweise.
Bei der Suche nach Material für das Collagieren zeigte mir Jonatas einen mir bisher unbekannten Raum, der früher als Kunstatelier diente. Heute wird er jedoch nicht mehr genutzt, da die Kapazitäten fehlen. Hätte ich mehr Zeit bei der ABAI, würde ich mich gerne diesem Projekt widmen: den Raum wieder instand setzen und gemeinsam mit den Kindern verschiedene Kunstmedien erkunden – Fotografie, Videografie, unterschiedliche Drucktechniken, Malerei und vieles mehr. Mit Anbruch des letzten Monats erfasst mich bereits ein vages Gefühl der Melancholie, auch wenn ich mich gleichzeitig sehr darauf freue, Brasilien noch zwei Monate lang zu erkunden. Die ABAI hat mir in dieser kurzen Zeit unglaublich viel gegeben – wertvolles Wissen und Erfahrungen, die mich mein Leben lang begleiten werden.



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